Zweitspracherwerb
(für Kinder, deren Muttersprache nicht deutsch ist)
Beim Spracherwerb stellt die Muttersprache des Kindes die zuerst gelernte Sprache dar. Die Sprache, die andere Personen sprechen (z.B. deutsch), ist für das Kind die Zweitsprache. Über die Muttersprache festigt sich die enge Beziehung zu den Eltern, sie unterstützt die emotionale Entwicklung (Gefühls- oder „Herzenssprache“) und ist verknüpft mit dem Erwerb wichtiger sprachbegleitender Fähigkeiten (Rhythmus, Mimik, Gestik etc.)
Eine gute Sprachentwicklung in der Muttersprache ist eine unentbehrliche Voraussetzung für den störungsfreien Verlauf des Erwerbs der Zweitsprache. Das Kind kann beim Erlernen der Zweitsprache auf die bereits erworbenen Fähigkeiten der Erstsprache zurückgreifen.
Vom natürlichen Zweitspracherwerb kann man dann reden, wenn das Kind allmählich die zweite Sprache (z.B. deutsch) durch die natürlichen Bedingungen der alltäglichen Kommunikation, d.h. durch die Umgebung, beim Spielen mit Deutsch sprechenden Kindern, im Umgang mit deutschen Erzieherinnen, Nachbarn usw. lernt. Wenn eine Person beide Sprachen so beherrscht, dass jede der Sprachen in allen Lebensbereichen verfügbar ist, ist die Zweisprachigkeit ausgewogen. Der Sprecher kann je nach Situation von einer in die andere Sprache „umschalten“. Wer fließend zwei oder mehr Sprachen beherrscht, hat für den eigenen Lebensweg weite Orientierungsmöglichkeiten und berufliche Chancen.
Doppelspracherwerb
Das Kind erlernt von Geburt an zwei Sprachen, d.h. die Eltern des Kindes haben verschiedene Muttersprachen und sprechen jeweils in ihrer Sprache mit dem Kind. Dabei sollte das Prinzip „eine Sprache – eine Person“ eingehalten werden, damit das Kind sicher von einer zur anderen Sprache umschalten kann.
Probleme in der Sprachentwicklung mehrsprachig aufwachsender Kinder
Das Kind beherrscht weder die Muttersprache noch die Zweitsprache richtig (doppelte Halbsprachigkeit). Dies kann sich z.B. in einem geringen aktiven und passiven Wortschatz, Störungen der Redeflüssigkeit, Artikulationsschwierigkeiten und Problemen in der Grammatik zeigen. Oft werden dabei beide Sprachen (teilweise mitten im Satz) gemischt, meist ohne dass es das Kind selbst bemerkt.
Therapie bei Problemen in der Sprachentwicklung mehrsprachig aufwachsender Kinder
Störungen des Sprechens und der Sprache in der Zweitsprache (z.B. deutsch) sollten immer im Zusammenhang mit der Sprachkompetenz der Muttersprache gesehen werden. Es ist wichtig zu klären, ob in beiden Sprachen ähnliche Störungen vorliegen. Zeigen sich die sprachlichen Auffälligkeiten nur in der Zweitsprache (d.h. die Muttersprache hat keine Störungen), wäre eine Sprachfördermaßnahme wie z.B. ein Deutschkurs sinnvoll. Eine logopädische Behandlung ist dann notwendig, wenn in beiden Sprachen Auffälligkeiten vorhanden sind. Die Therapie wird in der Regel von deutschsprachigen Therapeuten in deren Muttersprache durchgeführt. Es ist wichtig, dass die Eltern die Bedeutung ihrer eigenen Muttersprache für die Entwicklung des Kindes sehen und die Therapie dahingehend unterstützen, dass sie in ihrer Familie nur in der Muttersprache sprechen. Gutgemeintes, aber unvollständiges Deutsch ist für die sprachliche Entwicklung des Kindes nicht förderlich.
In der Therapie findet Förderung im jeweiligen Bereich der Sprachstörung statt. Das Kind erhält dabei vielfältige Anregungen im Gebrauch der deutschen Sprache.
Das konsequente Sprechen der Eltern und der Bezugspersonen (z.B. Erzieherinnen) in der jeweils eigenen Sprache hilft dem Kind, die Sprachen zu trennen. Das Kind sollte ein Bewusstsein darüber haben, wann es in welcher Sprache spricht. Ziel ist es, dass Äußerungen ohne Sprachwechsel in einer Sprache möglich sind.
Die Muttersprache ist die Basis für den guten Erwerb der Zweitsprache!